Mondorfer Geschichte(n)
Die Kallboys wollen an dieser Stelle Geschichte und Geschichten aus und rund um Mondorf erzählen. Da die Recherchen sich teilweise auf Augenzeugenberichte stützen ist dies nur durch viel herum fragen möglich und entsrechend Zeitaufwendig. Daher erscheinen die Mondorfer Gechichte(n) in unregelmäßigen Abständen. Viel Spaß beim Schmökern.
Es werden jeweils 5 Geschichten pro Seite angezeigt.
Wo kommt eigentlich der Rhein her?
Die Heckflosse wird verladen.
Auf dem Gotthardpass
Postkutsche in Andermatt
Das Vorderrhein-Tal auch Surselva genannt.
Disentis
Ilanz, die erste Stadt am Rhein
Der junge Rhein
Reichenau, wo Vorder- und Hinterrhein zusammenfließen
Strudeltopf
Via Mala Schlucht
Rofflaschlucht
FGS Möve - gebaut auf der Lux-Werft in Mondorf
Rheinkilometer NULL
Rheinfall bei Schaffhausen
Unser ganzes Rheinreise-Abenteuer finden Sie in unserer Videothek oder hier:
Institution des Kartonmodellbaus beehrt Mondorf und den KC Kallboys
Der Kegelclub Kallboys aus Mondorf dürfte mittlerweile vielen Lesern durch Geschichten wie das Siegauen-Hörspiel „Rheinhorn in Not“, die Teilnahme am Underberg-Musikwettbewerb oder seine „Mondorfer Bastelbögen“ ein Begriff sein, durch die er mittlerweile auch international Beachtung gefunden hat – es sind sogar schon Fotos und Bauberichte aus Brasilien und Australien eingetroffen.
Fertiges Papiermodell der Mondorfer Laurentiuskirche im Maßstab 1:160
Dennoch staunten die 6 Clubmitglieder dann nicht schlecht, als sie erfuhren, dass eine der wichtigsten Institutionen des Kartonmodellbaus, der AGK („Arbeitskreis Geschichte des Kartonmodellbaus e.V.“) , sich entschieden hatte, seine diesjährige Hauptversammlung in Mondorf abzuhalten – um Mondorf insgesamt, die realen „Vorlagen“ für die beliebten Bastelbögen, und natürlich insbesondere deren „Macher“ persönlich kennenzulernen.
So reisten dann am Freitag, dem 22.9.2023, 28 Mitglieder des AGK aus ganz Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz in der „Post bei Tony“ in Mondorf an. Am Samstagmorgen traf man sich mit einer Delegation des KC Kallboys, um sich beim gemeinsamen Frühstück im „Hafenschlösschen“ kennen zu lernen. Dabei interessierte ganz besonders die Frage des AGK-Präsidenten Dieter Nievergelt :„Wie kommt ein Kegelclub auf die Idee, Bastelbögen seiner Umgebung zu erstellen, mit historischen Informationen aufzubereiten – und all dies kostenlos im Internet zur Verfügung zu stellen ?“
Nach den umfassenden und auch witzigen Gesprächen erhielten die Kallboys als Anerkennung für ihr Engagement ein gewidmetes Exemplar des historischen Buches „Die Kunst mancherlei Gegenstände aus Papier zu formen“, von dem in dieser Form nur 30 Stück existieren.
Heinz Dresbach und Tobias Gilles vom KC Kallboys nehmen die Anerkennung vom AGK-Präsidenten Dieter Nievergelt entgegen (Quelle: Axel Huppers)
Für den Sonntagmorgen hatte der Schriftführer des AGK, Andreas Fausten, eine besondere Idee : ein Rundgang durch Mondorf, zu einigen der Gebäude, Schiffe und Anlagen, die der KC Kallboys bislang als Bastelbogen veröffentlicht hat : beginnend bei der Mondorfer Fähre, an der Pumpstation und dem Hafenschlösschen vorbei, ging es zum Schiff „VSS Bonn“, dem Trafohaus am Hafen, dem Kunstwerk „Konfidenz“, zum alten Domdechantshaus (der heutigen Bücherei), zum Rhabarberbrunnen und zur ehemaligen Brauerei Schlimgen. Zu jedem der Orte und Objekte konnte Holger Moskopp, geistiger Vater und Konstrukteur der Bastelbögen bei den Kallboys, die gespannten Zuhörer mit interessanten Geschichten unterhalten.
Holger Moskopp erläutert den Gästen das Objekt und die Geschichte des nächsten Bastelbogens, dem Mondorfer Rhabarberbrunnen (Quelle : Heinz Dresbach)
Der Abschluss des Events führte schließlich zu jenem Objekt, mit dem die ganze Geschichte der Mondorfer Bastelbögen 2010 begann : der Mondorfer Laurentiuskirche. Dieter Nievergelt beschloss das Event dort bei strahlendem Sonnenschein mit ehrenden Worten für den KC Kallboys, die dessen Mitgliedern Motivation genug sein werden, sich weiterhin in dieser Weise für das Bewusstsein der Geschichte Mondorfs und der Region einzusetzen. Beide Seiten freuen sich nach diesem herrlichen Tagen nun auf ein Wiedersehen, irgendwann....
Der KC Kallboys und 28 Mitglieder des AGK (Quelle: Axel Huppers)
Hintergrund : Der Kegelclub Kallboys aus Mondorf stellt seit 2010 auf seiner Webseite www.kallboys.de Bastelbögen zu Objekten aus Mondorf und der Umgebung kostenlos zum Download zur Verfügung. Jeder Bastelbogen enthält (neben den Bauteilen, die man ausdruckt, ausschneidet und zusammenklebt) zusätzlich eine ausführliche Bauanleitung, sowie auch einen kurzen Bericht über die Historie des betreffenden Objektes. Mittlerweile wurden 77 solcher Bastelbögen veröffentlicht, einige davon auch als explizit vereinfachte Ausführung für Kinder („Pappe für Pänz“). Schauen Sie rein – unter www.kallboys.de/mondorfer-bastelboegen finden Sie ganz bestimmt auch ein oder mehrere Objekte aus Ihrer näheren oder weiteren Nachbarschaft, die Sie so nachbauen können….
Mondorf und die Rheinflößerei
Mondorf in frühen Darstellungen (Teil 2)
Das Bild des unbekannten Künstlers zeigt ein riesiges Floß am Ufer von Mondorf. Deutlich ist das Siebengebirge am Horizont auszumachen. Die Wahl des Motivs liegt aber nicht im Panorama begründet, sondern die Flößerei war über viele Jahrhunderte ein echter Wirtschaftsfaktor für Mondorf.
Holz war damals ein begehrter Werkstoff in Gebieten, in denen die Bewaldung nur gering war. Besonders für den Schiffs-, Haus- und Deichbau wurde es in Holland benötigt, später auch im Ruhrgebiet für den Bergbau. Daher lohnte es sich finanziell durchaus, Holz aus Süddeutschland in den Norden zu schaffen. Der Rhein und seine Nebenflüsse waren dabei optimale Transportwege. So konnte Holz aus dem Schwarzwald über den Rhein, Holz aus den Vogesen über Saar und Mosel und Holz aus dem Fichtelgebirge und dem Frankenwald über den Main bis an die Nordsee geflößt werden.
Das dargestellte Floß ist ist riesig. Solche Flöße konnten eine Länge bis zu 330 Metern und eine Breite von bis zu 65 Metern erreichen. Sie benötigten bis zu 500 Mann Besatzung - allein 200 -300 Mann wurden benötigt, um das Floß über die sogenannten Streichen zu steuern. Jedes dieser 18 m langen Ruderblätter musste von bis zu 9 Mann bedient werden. Vorn und hinten befanden sich je ca. 20 dieser Ruder. Doch damit alleine konnte dass Floß nicht gesteuert werden. In engen Kurven, wurden seitlich versetzt, zudem Anker geworfen, um das Floß „um die Ecke“ zu ziehen. Auch hierfür waren wieder Leute nötig, denn die Streichen mussten ja weiter bedient werden.
Hinzu kamen noch Warschauer, Steuermann, Vorarbeiter, Köche, Arbeiter und Personal für Begleitboote. So erklärt sich der Aufbau von Zelten und Gebäuden auf dem Floß, denn die Mannschaft arbeitete, lebte und schlief während der Fahrt auf dem Floß. So wurden auch Unmengen Lebensmittel und sogar Schlachtvieh mitgeführt, um die Besatzung zu versorgen. Der (nicht nur finanziell) erhebliche Aufwand einer solchen Unternehmung diente jedoch der Gewinnoptimierung. Kleinere Flöße wären sicher mit weniger Leuten und auch viel einfacher zu steuern gewesen, jedoch rechneten sich durch die zu passierenden Zollstellen kleine Flöße nicht. Es war günstiger, einmal für ein großes Floß zu zahlen, als für viele Kleine. Zölle machten gut ein Drittel des aufzubringenden Kapitals aus.
So machten viele Landesherren am Rhein von ihren Passierzöllen, Vorkaufsrechten und dem Stapelrecht gebrauch. Besonders die Vorkaufsrechte waren zeitraubend. Benötigte man an in einem Ort Holz, so musste die benötigte Menge ausgekoppelt und an den Landesherren verkauft werden.
Der Herzog von Berg, zu dessen Herzogtum auch Mondorf gehörte, beanspruchte für sich ebenso ein Vorkaufsrecht für geflößtes Holz in seinem Bereich. Diese Rechte wurden in sogenannten Weistümern festgelegt. Diese wurden von rechtskundigen Männern mündlich weitergegeben oder auch schriftlich festgehalten. So heißt es im Bergheim-Mondorfer Weistum von 1579 unter Absatz vier:
Erst wenn der Herzog sein Holz hatte, oder sein Recht nicht geltend machte, durften die Flößer weiterfahren. Mondorf als diesen Umschlagplatz zu wählen, liegt in der geographischen Lage begründet. Zum einen war Mondorf der erste Ort am Rhein im Herzogtum Berg und zum anderen trafen hier auch die Flösse aus Dattenfeld über die Sieg ein. So legten die Flöße in Mondorf einen Zwangsstop ein um Holz zu verkaufen und Flösse umzubinden.
Dadurch konnten auch Mondorfer gut verdienen, denn der Lagerplatz des Holzes musste bewacht werden, die Flößer kauften Lebensmittel zu, und nicht wenige Mondorfer heuerten auf den Flößen an um Geld zu verdienen und vielleicht auch um die große weite Welt zu entdecken. Aber auch von den jungen Mondorfer Burschen wird berichtet, dass sie häufig mit den Flößern Zeit verbrachten. Gegen den Tausch von in Mutters Garten geklautem Gemüse, dass die Flößer für ihre „FlützeZupp“ benötigten gab es Flützebier – Bier dass die Flößer in rauen Mengen mitführten, denn jedem Flößer standen pro Tag mehrere Liter Bier zu.
Der Lagerplatz befand sich am Rheinufer zwischen dem Hafenschlösschen und dem Fähranleger. Dort wo heute das Italiänische Restaurant steht (und zuvor die Gaststätte Heinzen stand) befand sich eine Baracke, in der das Holzumschlagsbüro untergebracht war.
Es muss ein geschäftiger Umschlagplatz/Hafen gewesen sein, denn hier wurde alles Mögliche gehandelt. Bis bis in die 1950er Jahre wurden hier z.B. noch Bimssteine gelagert. So verwundert eine Anzeige vom 12. Mai 1844 aus der Kölnischen Zeitung nicht, in der Flößerei Artikel zu einer Versteigerung angeboten werden.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bekamen die Flößer jedoch Gegenverkehr auf dem Fluss. Mit der Einführung der Dampfschifffahrt wurde es voller auf dem Rhein und es wurde immer schwieriger große Flösse den Rhein hinabzusteuern. Anfänglich hatten die Flößer jedoch eine Vormachtstellung. So legte zum Beispiel die Preußische Regierung 1871 bei der Beantragung der Rheintauerei fest, dass die Schleppschiffe zusätzlich mit einem Schraubenantrieb auszustatten waren. Mit den Schrauben sollte auch die Manövrierfähigkeit gewährleistet werden, wenn das Seil bei Notfällen abgeworfen werden müsste. Da Kapitalflöße auf dem Rhein absoluten Vorrang hatten, musste die Schraubenkraft ausreichen, den Schleppzug bei abgeworfenem Seil aus dem Weg zu ziehen. Nachvollziehbar – man legt sich ja auch nicht mit einer Straßenbahn an.
Mit der Zunahme des Schiffsverkehrs und Schienenverkehrs sowie dem Wegfall der Zölle und Stapelrechte machte es jedoch immer weniger Sinn, Großlösse zusammenzustellen. Zwar konnten die Flösse nun mit Dampfkraft geschleppt werden, was sowohl den Personalbedarf als such die Fahrzeit reduzierte , aber dennoch wurde die Flößerei immer unrentabler. 1900 verließen noch 700 Flöße den Flößerort Kastel bei Mainz, schon 1950 waren es nur noch 53. Das letzte kommerzielle Floß schwamm 1968 den Rhein hinab.
Am 28.4.2022 war jedoch wieder ein Floss zu Gast in Mondorf. Mitglieder des Vereins „Schiltacher Flößer e.V.“ wollten mit dieser „Nostalgiefahrt“ an die Flößerei erinnern. Seit 2014 ist die Flößerei zudem als immaterielles Weltkulturerbe bei der UNESCO gelistet. Natürlich hatte das Floß nicht die Dimensionen wie die alten Holländerföße. Das 15 Meter lange Floß musste zudem einige behördliche Auflagen erfüllen. So wurden zum Beispiel für Notfälle zwei Außenbordmotoren mit in das Floß eingebaut. Dennoch wurden die Schiltacher Flößer gebührend im Mondorfer Hafen am Anleger des RYC vom Mondorfer Bürgerverein, der Bergheimer Fischereibruderschaft und zahlreichen Schaulustigen empfangen.
Quellen und Danksagung für diesen Artikel:
Wir möchten uns bei Roland Klinger bedanken, der uns aus seinem Archiv mit einer Vielzahl von Artikeln zum Thema Flößerei und seinem umfangreichen Wissen zu Mondorfer Geschichte unterstützte.
Weiterhin möchten wir uns bei Herrn Elmar Scheuren bedanken, der uns nach seinem Vortag zum Thema „Flößerei auf dem Rhein“ im Siebengebirgsmuseum noch für Fragen zur Verfügung stand.
Bild Quellen:
- rba_195436 - (Ansicht von Mondorf, Kölnisches Stadtmuseum, Köln)
- Hafenbucht Mondorf/Rhein, HB17689 - Bundesanstalt für Wasserbau
- Anzeige Floßartikel - Roland Klinger
- Schiltacher Floß im Mondorfer Hafen - Kallboys
Text Quellen Internet:
Literatur Quellen:
- Flößerei auf dem Rhein, Veröffentlichung des Siebengebirgsmuseums, Bouvier-Verlag Bonn, 1999, 3-416-02764-7
- Troisdorfer Hefte 1973, Herausgeber Stadt Troidorf, Artikel: Das Bergheim-Mondorfer Weistum von 1579, Autor: Heinrich Brodesser
- Kölnische Zeitung, Ausgabe vom 12. Mai 1844, Anzeige einer Versteigerung von Floßartikeln
- Kölnischer Anzeiger, Ausgabe vom 12. Mai 1836, Inserat der „Ansicht des Floßbaues bei Mondorf“
- General Anzeiger, Ausgabe vom 20. Mai 1892, Artikel über Fischerei bestätigt dass Mondorfer sich beim Floßbau verdingen
- Montagszeitung, Ausgabe 17/22, „Flößer aus dem Schwarzwald besuchen Mondorf“
Wo kommt eigentlich die Sieg her?
Wie wir schon im Text zum Thema "Wo ist Mondorf?" erwähnen, liegt Mondorf als einziger Ort an beiden Flüssen, die dem Rhein-Sieg-Kreis seinen Namen geben. Aber wo kommen diese Flüsse eigentlich her? Das wollten die Kallboys ergründen und so machten wir uns auf die Reise.
Zu Beginn ist es relativ leicht dem Flussverlauf zu folgen, denn hinter Hennef führt die beliebte Siegtalstraße (L333) die meiste Zeit direkt am Ufer der Sieg entlang. Nach dem Ende der L333 geht es weiter auf der B62 durch Rheinland-Pfalz bevor man bei Siegen wieder in NRW ist. In Siegen wird die Straße dann auch gleich breiter. Auf der gut ausgebauten Hüttentalstraße gelangt man zügig durch Siegen und fährt dann weiter Richtung Netphen. Hat man den Ort Netphen hinter sich gelassen, wird die Strecke steiler. Es geht nun eine ganze Weile immer nur bergauf, bis man schließlich den Abzweig zur Eisenstraße erreicht. Dort ist auch die Siegquelle ausgeschildert. Nun fährt man die schmale Eisenstraße entlang, bis man schließlich an die Kreuzung gelangt, wo die Straße nach Großenbach abzweigt. Genau dort liegt die Quelle.
An dieser Stelle gibt es einen kleinen Parkplatz und man hat einen Holzweg angelegt, über den man durch das Quellgebiet geführt wird. In diesem Gebiet gibt es einen Quelltopf und mehrere Stellen, an denen Wasser aus dem Boden tritt. Es gibt auch eine Wasserentnahmestelle, an der das frische Quellwasser durch eine Rinne läuft und auf einen Stein plätschert.
Übrigens: Wenn man ab der Entnahmestelle entlang des Rinnsals geht (und die Straße kreuzt) findet man im Wald auf der anderen Straßenseite einen Stein. Auf diesem steht eingemeißelt "Siegmündung Mondorf 144 km".
P.S.: Jetzt bleibt eigentlich nur noch die Frage, wo denn der Rhein herkommt? Auch dieser Frage sind die Kallboys nachgegangen. Aber das ist eine andere Geschichte...
Mondorfs Trafohäuschen - wie der Strom nach Mondorf kam
In der Hafenstraße, der Eifelstraße und am Thelenkreuz stehen kleine Turmhäuser. Das sind nicht etwa Zweitwohnsitze von Rapunzel, sondern Transformatorenhäuser oder auch Transformatorstationen. Diese Türmchen wurden errichtet, um die Mondorfer Haushalte über eine Freileitung mit Elektrizität zu versorgen. Dennoch sterben diese Häuschen langsam aus, denn heutzutage werden Wohnhäuser und andere Gebäude unterirdisch mit Strom versorgt. Dies ist durch bessere Isolationsmaterialien möglich geworden.
Im Stadtgebiet von Niederkassel gibt es 168 Transformatorstationen, von denen 32 in Mondorf stehen. Nicht alle sind so groß wie die 3 Turmstationen. 13 Stück befinden sich in ganz alltäglich aussehend einstöckigen Gebäuden. Die Station im Hummerich, an der Kreuzung mit der Thelengasse, sieht auf den ersten Blick aus wie eine Fertiggarage. Weitere 16 Transformatorstationen sind sogenannte Kompaktstationen, wie z.B. in der Rheinallee. Sie ähneln großen Schaltschränken oder Streugutkisten. Die letzten drei Turmstationen sind jedoch die ältesten verbliebenen in Mondorf. Die Station in der Hafenstraße wurde 1957, die beiden anderen 1959 erbaut.
Auffällig ist, dass diese Trafohäuser nie standardisiert waren. Die drei verblieben Trafohäuser in Mondorf sind alle unterschiedlich. Solche Gebäude sind überall in Deutschland immer dem baulichen Umfeld angepasst worden und mehr oder weniger architektonisch aufwändig verziert worden. Ein weiteres, völlig anders aussehendes, Transformatorenhaus stand am heutigen Adenauerplatz. Es wurde an die Halle der Mondorfer Korbflechterei gebaut. Die Halle beherbergte später die Papiergroßhandlung Florin. In der Baubeschreibung von 28.12.1926 heißt es:
„Der Neubau eines Transformatorhauses soll nach beiliegender Bauzeichnung … Gemarkung Mondorf errichtet werden. … Die Außenseiten werden mit Trierer Kalk verputzt. Der Sockel wird senkrecht und der Rumpf waagerecht gekratzt. Der obere Teil wird glatt geschabt.“
Der obere Teil ist vom Durchmesser etwas kleiner, sodass der Turm in der Ortsmitte deutlich eleganter wirkt. Das Gebäude wurde Anfang der 90er Jahre mitsamt der Halle abgerissen um einem großen Mehrparteienwohnhaus Platz zu machen.
Niederkassel wird mit Mittelspannung aus einem Umspannwerk in Ranzel versorgt, in das 110 kV eingespeist werden. Mittelspannungsnetze werden mit 10, 20 oder 30 kV betrieben. In Niederkassel sind es aus historischen Gründen 11 kV (11.000 Volt). Diese hohen Spannungen sind nötig, um Strom über weite Entfernungen zu transportieren und Verluste durch den Widerstand der Leitung zu minimieren. Natürlich ist diese Spannung viel zu hoch, um damit Geräte im Haus zu betreiben. Daher wird in Transformatoren die Mittelspannung auf die Netzspannung von 400 V transformiert. Ein Transformator, abgekürzt auch Trafo, ist ein Bauteil mit zwei unterschiedlich großen Spulen, bei denen das Verhältnis von Eingangs- und Ausgangsspannung dem Verhältnis der Windungen der Spulen entspricht. Die 400 V werden dann über einen Niederspannungsverteiler zu den Häusern in 5 Leitungen geführt. In der Regel werden etwa 120 Haushalte oder Zähler von einer Trafostation versorgt. Drei Außenleiter (Phasen), ein Nulleiter und eine Erde. Zwischen einem Außenleiter und dem Nulleiter liegen 230 V an, zwischen zwei Außenleitern liegen 400 V an. Im Haus kann im Sicherungskasten dann durch entsprechende Verschaltung die passende Spannung zu den Steckdosen geführt werden. 400 V für einen Herd, 230 V für eine „normale“ Steckdose oder einer Lampe.
Die Mondorfer Trafohäuschen werden, ebenso wie die moderneren Transformatorstationen unterirdisch mit der Mittelspannung versorgt. Von den Trafohäuschen werden dann über eine Freileitung die Haushalte mit Netzspannung versorgt. Da die Haushalte aber der Reihe nach versorgt werden, birgt dies einen erheblichen Nachteil. Wird auf diesem Weg ein Haus abgerissen, oder sind Umbauarbeiten am Dachstuhl erforderlich, dann können die dahinter liegenden Häuser nicht mit Strom versorgt werden. Deshalb hat sich die unterirdische Versorgung auch für die Netzspannung durchgesetzt, da hier in der Erde vor jedem Haus Abzweige liegen. Jedes Haus kann nun für Umbauten vom Netz getrennt werden, ohne dass andere Haushalte gestört werden. Außerdem ist die unterirdische Verlegung weniger störanfällig. Durch Sturmschäden kam es früher häufiger zu Stromausfällen von ganzen Straßenzügen.
Doch seit wann gibt es in Mondorf überhaupt Strom? Hierzu konnte uns das Historische Konzernarchiv RWE Auskunft geben. Dort nahm man sich viel Zeit bei der Beantwortung unserer zahlreichen Fragen, sodass wir die Antworten hier zitieren wollen:
Zitat Anfang:
Wie alle späteren Ortsteile von Niederkassel hat auch die Gemeinde Mondorf mit dem Elektricitätswerk Berggeist (EWB) Im Oktober/November 1904 einen Konzessionsvertrag geschlossen. Dieser Vertrag beinhaltetet den Aufbau und Betrieb eines elektrischen Versorgungsnetzes in der Gemeinde Mondorf durch die EWB. Wann genau die ersten Leitungen verlegt wurden, ist leider nicht mehr nachvollziehbar. Vermutlich ist dies im Jahr 1905 erfolgt.
Versorgt wurde Mondorf ebenso wie die anderen genannten Gemeinden durch das Elektricitätswerk Berggeist AG, das in Brühl ein Kraftwerk im Anschluss an die Grube Berggeist betrieb. Dieses Kraftwerk ging 1899 mit knapp 1 Megawatt Leistung in Betrieb und war damit das erste Braunkohlenkraftwerk der öffentlichen Versorgung im rheinischen Braunkohlenrevier. Es ist damit sozusagen die Urahnin der heutigen Großkraftwerke in Niederaußem, Neurath und Frimmersdorf.
Um den rasch steigenden Strombedarf der neuen rechtsrheinischen Versorgungsgebiete des EWB (und damit auch Mondorf) zu decken, ließ die EWB bereits ein Jahr nach der Verlegung eines ersten Rheinkabels 1905 ein zweites Kabel von Brühl aus durch den Rhein in den Bereich der heutigen Stadt Niederkassel legen.
Im gleichen Jahr übernahm das Rheinisch-Westfälische Elektricitätswerk (RWE) die Elektrizitätswerk Berggeist AG. Für die Gemeinden änderte sich vorerst nichts, die EWB blieben ihr Ansprechpartner. Das rechtsrheinische Versorgungsgebiet des EWB wurde vermutlich noch vor dem Ersten Weltkrieg an das RWE-Netz angeschlossen. Das Kraftwerk Berggeist verlor mit der Inbetriebnahme des für damalige Verhältnis riesigen und topmodernen RWE-Kraftwerks Goldenberg in Knapsack im Jahr 1914 stark an Bedeutung und wurde 1925 stillgelegt.
Der erste Konzessionsvertrag zwischen der EWB und der Gemeinde Mondorf war eigentlich auf 25 Jahre geschlossen, wurde aber bereits im Januar 1913 durch einen neuen Konzessionsvertrag ersetzt. Dieser Vertrag sollte ursprünglich 30 Jahre laufen, ist dann aber bereits im Herbst 1926 durch einen weiteren neuen Konzessionsvertrag ersetzt worden.
1931 übernahm dann RWE von der Elektrizitätswerk Berggeist AG die gesamten Anlagen, Aktiven und Passiven und führte diese als RWE Betriebsverwaltung Berggeist weiter fort. Das Unternehmen EWB wurde daraufhin im Jahr 1934 aufgelöst.
Zitat Ende
Gebaut und betrieben wurde das Stromnetz in Niederkassel also ursprünglich vom EWB und später von RWE. Wer für den Betrieb und Ausbau eines Stomnetzes in einer festgelegten Region verantwortlich ist, wird durch sogenannte Konzessionsverträge geregelt. Bis zum 31.12.2013 war das RWE durch einen entsprechendem Vertrag mit der Stadt Niederkassel dafür verantwortlich.
Bis zur Energiemarktliberalisierung im Jahr 1998 lieferte RWE auch den Strom für Niederkassel praktisch per Gesetz. Bis zu diesem Zeitpunkt galt ein gesetzliches Gebietsmonopol das ein Stromanbieter zu bedienen hatte. Der Versorger (RWE) war durch den Versorgungzwang dazu verpflichtet alle Verbraucher in einem festgelegten Gebiet zu versorgen.
Nach 1998 wurden Stromerzeugung (Kraftwerke), Stromverteilung (Netze) und Stromvertrieb (Verkauf) getrennt. Durch die Trennung stand es nun jedem Verbraucher frei, seinen Strom bei einem Lieferanten seiner Wahl zu kaufen. RWE besaß noch bis zum 31.12.013 die Konzession zum Betrieb des Stromnetzes in Niederkassel. Die am 1.1.2014 neu gegründete „Energieversorgung Niederkassel (EVN)“ betreibt seitdem das Stromnetz der Stadt Niederkassel durch einem neuen Konzessionsvertrag.
Die EVN ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Stadt Niederkassel (51%) und der rhenag, Rheinische Energie AG (49%). Den operativen Strom-Netzbetrieb teilen sich die Westnetz (Netzgesellschaft der RWE) und die Rhein-Sieg Netz (Netzgesellschaft der rhenag). Sie sorgen dafür, dass das Stromnetz ordnungsgemäß betrieben wird, neue Anschlüsse gelegt, alte Leitungen ausgetauscht und Störungen behoben werden.
So stellen sich die Zuständigkeiten heute wie folgt dar:
- Für den Transport des Stroms zu den Haushalten, Gewerben und Industrien und für die Anbindungen von regenerativen Erzeugungsanlagen (z.B. Photovoltaik) ist jedoch ausschließlich die EVN mit ihren Partnern Rhein-Sieg Netz bzw. Westnetz zuständig.
- Der Grundversorger für Niederkassel die RheinEnergie AG. Grundversorger bedeutet, dass dies das Unternehmen ist, von dem die meisten Haushalte ihren Strom beziehen.
Quellenangaben:
- Historisches Konzernarchiv RWE
(Historische Informationen) - Rhein-Sieg-Netz GmbH Ein Unternehmen der renag
(Historische und technische Informationen) - Stadtarchiv der Stadt Niederkassel
- http://www.general-anzeiger-bonn.de/region/sieg-und-rhein/niederkassel/Kooperation-mit-Rhenag-bringt-Entscheidungshoheit-article1370955.html
Bildquellen:
- Die Bilder des Inneren eines Trafohäuschens - Rhein-Sieg-Netz GmbH Ein Unternehmen der renag
- Bild des Baubanntages des Trafohäuschens auf dem Adenauerplatz - Stadtarchiv Niederkassel, I 101
- Bild des Trafohäuschens auf dem Adenauerplatz – Roland Klinger – www.mondorf-rhein.de
Hinweis:
Dieser Artikel entstand aus der Vielzahl von Informationen die wir bei der Recherche zum 45. Mondorfer Bastelbogen sammelten. Den Bastelbogen können Sie auf unserer Homepage kostenlos herunterladen.